Ungewöhnliche Mischung aus bravouröser musikalischer Unterhaltung und fundierter Übermittlung historischer Hintergründe. Wie sich die drei Künstler auf ihrer Zeitreise die Bälle zuwerfen – das erregt nicht nur Heiterkeitsstürme sondern berührt zutiefst.
„Protokoll einer dramatischen Zeit“ haben Anatol Regnier, Schriftsteller, Musiker und Wedekind Enkel, die Sängerin und Kabarettistin Julia v. Miller und der ungarische Ausnahme-Pianist FredericHollay ihre Zusammenstellung von lebendigen, gut recherchierten Texten und Schlagern, Songs und Liedern genannt. Und dramatisch war sie wirklich:
Die Stunde Null gab`s nicht, das Land war kaputt, aber der Spuk war vorbei, man konnte wieder träumen. Ein unendlich süßes Gefühl der Freiheit tat sich auf, besonders wenn man das Glück hatte in der amerikanischen Zone zu wohnen. Wie lässig saßen die GI´s auf ihren Jeeps, wie entspannt rollten ihre Reifen über das Pflaster, wie betörend war der Klang ihrer Musik!
Daneben Millionen Vertriebener, endlose Namenslisten des roten Kreuzes, verlesen im Radio, Night Clubs der US- Soldaten, Zigarettenwährung. Entnazifizierung. Riesig der Schatten der Vergangenheit, die Schuld erdrückend, das Schweigen übergroß.
Dann Wirtschaftswunder, Aufschwung, Adenauer-Zeit. Jahre voller Widersprüche und verborgener Emotionen, aber auch voller Tatendrang, Aufbauwillen, Leistung.
Mit:
- Julia von Miller
- Anatol Regnier
- Frederic Hollay
Programm als CD erhältlich und auf youtube
Bild von Miller, Regnier, Hollay: Christopher Helake, weitere Bilder: Kulturreferat München
Die Veranstaltung findet im Rahmen des Programms 1945 | 2025 „Stunde Null? Wie wir wurden, was wir sind“ des Kulturreferates | public history der LH München statt.
Wie konnte nach den Verwüstungen des Nationalsozialismus, nach dem schrankenlosen Machtrausch und europaweiter Vernichtung ein Neuanfang gelingen? Gerade in München, ehemals „Hauptstadt der Bewegung“? Wie konnte eine Demokratie wachsen? Wie wurden totalitäre Erbschaften jenseits von Verleugnung und Gleichgültigkeit behandelt? Wo verläuft die Grenze zwischen Erinnerung, Verdrängung und Ideologie? Wie ging die sich konstituierende Stadtgesellschaft mit dem „Mitgebrachten“ der Neumünchner*innen, mit ihrer jeweiligen Herkunft, Kultur und ihren Erfahrungen um? Was wird ausgewählt, was weggelassen, wer wird integriert, wer übersehen?